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Folge 2: Mobiles Arbeiten – #Chancen-Picking

Lesezeit: 4 min.

Du erfährst in diesem Artikel:

  • Es gibt Phasen im Wandel, die jede*r durchläuft.
  • Warum es gut ist, dass wir Angst vor und in manchen Situationen haben.
  • Was das Gute an Routinen & Gewohnheiten ist.
  • Was eine Krise mit dem Frühjahrsputz verbindet.

 

Folge 2 – Die Psychologie des Wandels:

Was Veränderung bei uns auslöst und how to deal with it

 

Aktuell sind wir ALLE ‚im Change‘! Wir haben, mal eben, fast alle unseren (Arbeits-) Alltag stark verändern müssen – staatlich verordnet. Diese notgedrungene, kollektive Veränderung erfordert teilweise komplett neues Verhalten. Wunderbare Zeiten also, um alte Gewohnheiten über Bord zu werfen oder liebgewonnene, weiterhin hilfreiche, auf die veränderte Situation hin zu adaptieren. Und vielleicht darf ja auch einfach alles mal so bleiben, weil es gerade gut ist. Ein ‚Frühjahrsputz‘ der besonderen Art…

Am Besten fängt man immer bei sich selbst an:

Was löst denn bei Dir Veränderung aus? Wie erlebst Du Dich in den letzten Wochen?

Hast Du Lust, Dir die 2 Minuten zu nehmen, um einmal die letzte Zeit kurz Revue passieren zu lassen?

Du wirst erstaunt sein…

 

Einladung zu einer ganz kurzen Selbstbefragung:

  • Wenn Du Deinen Arbeitsplatz während der letzten 4 Wochen komplett ins Homeoffice verlegt hast, also auf das (im-)mobile Arbeiten, hast Du dann beobachtet, dass die ersten beiden Wochen sich anstrengender anfühlten als sonst?
  • Sind Dir Abläufe, Formate, Themen aufgefallen, die jetzt anders sind also noch vor 4 Wochen?
  • Hat sich dein Empfinden der Situation in dieser Zeit verändert?

 

Persönliche Phasen des Wandels

Wären wir hier jetzt bei einem (remote-) Workshop, würde ich Euch bitten, Eure Antworten zu teilen. So teile ich zumindest meine: bei mir ist das so. Und ich beobachte das auch in den Organisationen, die wir begleiten – und auch hier bei der sepago. Ich selbst habe in den letzten Wochen verschiedene Phasen durchlebt. Am Anfang habe ich auch eine Art Neugier erlebt, ich war gespannt, wie das gehen kann, wenn plötzlich alle mit denselben Einschränkungen leben müssen. Angesichts sehr kritischer Einschnitte für manch eine/n klingt das vielleicht ein bisschen schräg. Es war dennoch so. Warum? Weil es psychologisch auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl schafft und eine ‚Gemeinschaft der Betroffenen‘. Solidarisches Verhalten kann sich leichter zeigen. Ich habe beobachtet, wie unterschiedlich Menschen in meinem Umfeld die Veränderung, konkret im Homeoffice zu arbeiten, erleben und annehmen. Ich habe in dem Zusammenhang auch Angst gespürt, am meisten bei der Frage der sozialen Vereinsamung.

 

Kreativer Umgang – produktive Phase

Und nachdem sich nach rund 2 Wochen einige Bedürfnisse – zuerst die des sozialen Miteinanders, des Austauschs, an die Oberfläche des Bewusstseins gearbeitet hatten, sind neue Formate entstanden: beruflich etwa der virtuelle Mittagstreff im people & organisation team, kleine 1:1-Calls von 15 min. Länge zum kurzen Schnack. Calls über ‚Teams‘ gehörten vorher schon zu unseren Formaten – jetzt ist die Frequenz deutlich erhöht. Und privat habe ich Doppelkopf über eine App plus Skype gespielt und meinen Lesekreis auf Zoom geswitcht. Das geht alles… es kostet am Anfang etwas mehr Kraft, wie alles Neue – gleichzeitig ist es auch ein bisschen aufregend und kann Vorformen von Begeisterung entfachen. Es vermag nicht dasselbe leisten– es ist anders. Bietet neue Möglichkeiten. Und manches lässt sich eben auch nicht ‚herstellen‘. Wenn die aktuelle Alternative “gar nicht machen oder anders machen” ist, gibt das schon mal ausreichend Anschub-Energie!

 

Wir, die Evolution und Veränderungen generell

Dass sich Veränderungen meist schwieriger gestalten als man denkt, das ist empirisch bewiesen. Die meisten Menschen reagieren auf Veränderungen zunächst defensiv, vielleicht auch abwehrend – das gehört zu unserer Natur und das hat einen Sinn. Die Evolution hat in uns Menschen einen Sicherungsmechanismus aka Überlebensvorteil reifen lassen:  ALLE Menschen überprüfen Veränderungen zuerst auf ihre Bedrohlichkeit. Weil es überlebenssichernd ist, hat diese Funktion absolute Priorität. Erst wenn wir sicher sind, dass eine Veränderung nicht bedrohlich ist, wenden wir unsere Aufmerksamkeit anderen Aspekten zu: im besten Falle Vorteilen und Chancen oder auch der Nutzbarkeit für unsere eigenen Interessen.

 

No strategy?

Wirklich gefährlich ist die Lage nur, wenn uns angesichts einer Bedrohung keine geeignete (Abwehr-) Strategie einfällt. Wenn wir erkennen, dass wir der Bedrohung nicht gewachsen sind, entsteht sofort Angst bis hin zur Panik. Denn Menschen haben ein fundamentales Bedürfnis nach einer geordneten und sicheren Welt. Wir wollen Kontrolle über unser Leben, ganz besonders in bedrohlichen Situationen. Was die Wahrnehmung von persönlicher Kontrolle betrifft, gibt es hier alle erdenklichen Ausprägungen.

 

Entwicklungspotenzial im Grenzbereich

Es gibt auch die Menschen, für die Ungewissheit Spannung erzeugt, lustvoll sein kann – ein Phänomen, das in Literatur & Film als »suspense« bekannt ist. Es kann Dich triggern, wenn Deine Bedürfnisse nicht immer augenblicklich erfüllt werden. Menschen suchen auch gezielt oder unbewusst neue, unbekannte Situationen auf, an denen sie wachsen können. Denn Herausforderungen bieten die Möglichkeit, Grenzen zu testen und über sich selbst hinauszuwachsen. Ein hinlänglich bekannter Satz in diesem Zusammenhang ist: ‚da wo die Angst sitzt, da geht’s lang…‘.

 

Routinen in Gefahr – Chance oder Überforderung?

Es gibt auch viele Tätigkeiten oder Abläufe, die routiniert erfolgen. “Zwischen 30 und 50 Prozent unseres täglichen Handelns werden durch Gewohnheiten bestimmt, Informationen ändern daran so gut wie nichts”, sagt Bas Verplanken (Professor für Sozialpsychologie an der University of Bath). Wenn sie mit unseren Zielen übereinstimmen, sind sie uns nützlich, manchmal sogar überlebenswichtig. Tun sie das nicht, stören sie oft nur, rauben uns Zeit, Energie und schädigen manchmal auch unsere Gesundheit. “Das Gehirn spart mit Gewohnheiten Energie ein” erklärt sein Kollege aus der Kognitionspsychologie der Uni Hamburg, Lars Schwabe. Damit davon in ausreichendem Maß zur Verfügung steht, wenn das Hirn in Stresssituationen blitzschnell entscheiden und Risiken minimieren muss. Und um die eigentlich wichtigen Aufgaben des Lebens zu meistern: planen, organisieren, entwickeln.

 

Wanted: Stabilität!

Was wir brauchen, perspektivisch und nachhaltig, ist (immer wieder) Stabilität. In ihrer Gleichförmigkeit verleiht sie uns Routine: Gewohnheiten (er-)geben Stabilität, das Gefühl von Sicherheit. Da, wo sie fehlt, wo an ihr gerüttelt wird, wo sie sich erneuern muss, mangelt es an eben dieser Stabilität. Und dann fühlt es sich manchmal und phasenweise ein bisschen ‚lost‘ an. Dass es genau das braucht, um seine Gewohnheiten zu erkennen und zu hinterfragen, ist, in einem späteren Blogbeitrag Thema.

 

Und wie lauten die Antworten auf die Eingangsfrage?
Was Veränderung bei uns auslöst und how to deal with it?

 

Die Auslöser:

  • Krisen von Außen (z.B. Corona)
  • Veränderungsbedarf von außen formuliert (z.B. vom Vorgesetzten, von der GF)
  • Innere Krisen (z.B. Elternwerden, Midlife Crisis)
  • Wunsch nach persönlicher Entwicklung

 

How to deal with it:

  • Keep calm and carry on: vertraue auf den Prozess! Die nächste stabile Phase kommt! In jedem Leben gibt es immer wieder diesen Übergang von einer relativ stabilen Phase zu einer nächsten. Dazwischen geschieht Entwicklung. Es sind die anstrengenderen Zeiten des Lebens. Und die mit dem größten Potenzial.

 

  • Nimm‘ einen Meta-Standpunkt ein: Stell Dir vor, du schaust von oben auf die Situation – was würdest Du erkennen? Wenn Du Dir vorstellst, es ist nur eine kurze Phase in Deiner Geschichte, innerhalb Deiner ganz großen Geschichte, hilft das vielleicht, für den Moment die mögliche Brisanz oder Dramatik zu relativieren.

 

  • Tausche Dich aus mit anderen. Teilt Euch gegenseitig mit, wie ihr die Situation wahrnehmt und was ihr damit macht (das passiert im täglichen Miteinander meist ganz automatisch, aktuell ist es gut, das aktiv herzustellen). Hier bietet sich ein kurzes ‚Blitzlicht‘ vor jedem Meeting an. Ein ‚Blitzlicht‘ besteht aus 2-3 Sätzen jeder Person, die Teil des Meetings ist. Die Leitfrage lautet ‚Wie bin ich hier? / Wie geht es mir?‘ Hier hat auch Privates Platz, wenn dies zur Organisationskultur passt. So können die anderen besser einschätzen, womit die Person gerade beschäftigt ist.

 

  • Erfreue Dich daran, dass Du die Gelegenheit erhältst, wieder einmal neu auf deine Arbeitssituation zu schauen. Vielleicht ist jetzt der passende Moment, Dinge anders zu machen, weil auch so vieles anders gehen muss.
    Vielleicht ist es auch der Moment, die aktuelle Wahrnehmung zur aktuellen Arbeitssituation strukturiert in der gesamten Organisation oder in Deinem Team zu erheben. Dann wäre eine Umfrage ein probates Mittel, bei deren Auswertung dann gemeinsam Maßnahmen und Tools gefunden werden können.

 

Wie bei jedem Frühjahrsputz ist es anfangs lästig, nervig, aufwändig… nicht selbstgewählt. Und wenn das Sortieren, Ausmisten, Saubermachen und, womöglich dabei neu Gestalten, hinter Dir liegt… fühlt sich das besser an als davor!
Uns bleibt noch ein bisschen Zeit, zum Sortieren – nutzen wir sie! Es gibt Großes zu sortieren…!

 

Freu Dich auf den nächsten Blogbeitrag:
Ich stelle euch mein Lieblingsmodell für die Greifbarmachung von Veränderung vor: die ‚4 Zimmer des Wandels‘.